Stern vom 01.12.2004
Renate Künast
"Fall Badenia ist der BSE-Fall der Bankenwelt"
Hamburg - Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) will nach dem Skandal
um die Bausparkasse Badenia schärfer gegen unseriöse Immobilienverkäufer und
Banken vorgehen. In einem Interview mit dem stern sagte sie,
sie sei entschlossen, "in diesem Bereich unter dem Aspekt eines besseren
Verbraucherschutzes systematisch aufzuräumen". Der Fall Badenia sei "so
etwas wie der BSE-Fall im Bankenbereich", sagte Künast dem stern.
Das Problemmanagement müsse jetzt laufen wie bei BSE: "Wir müssen das Rind
umzingeln, von allen Seiten betrachten und entscheiden: Was muss geschehen."
Als erste Konsequenz strebt Künast eine neue Aufgabenverteilung der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) an. Zu deren Tätigkeitsfeld
müsse künftig mehr Verbraucher- und Anlegerschutz gehören, kündigte Künast
im stern an. Außerdem müssten im Paragrafen 358 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verbesserte Möglichkeiten geschaffen werden,
bei so genannten verbundenen Geschäften aus den Verträgen leichter
auszusteigen. "Dies muss künftig der Fall sein, wenn wie im Ball Badenia
überhöhte Provisionen genommen wurden oder die Objekte völlig überfinanziert
waren".
Generell sprach sich Künast dafür aus, im Immobilienbereich den Rücktritt
vom Vertrag zu vereinfachen. "Gerade weil hier die Verbraucher auf so
genannte Drücker stoßen, die bestens trainiert auf die Menschen losgelassen
werden", sagte Künast dem stern. Nach derzeitiger Rechtslage
sei ein Staubsauger-Käufer besser geschützt als ein Immobilienkäufer. Zum
Schutz der Kunden wolle sie bei der Umsetzung der Versicherungsrichtlinie
auch eine Haftpflichtversicherung für Versicherungsvertreter einführen.
Potenziellen Immobilienkäufern rät die Verbraucherministerin, das
Kleingedruckte sorgfältig zu lesen, sich unabhängig vom Anbieter beraten zu
lassen und sich nicht zu "Mitternachtsnotaren" schleppen zu lassen. Ihr
Tipp: "Nehmt euch Zeit. Schlaft drei Nächte drüber."